Schonzeit für Aale?
Die aktuelle Debatte um die Aalschonzeiten verdeutlicht einmal mehr den dramatischen Rückgang einer Fischart, über die man noch immer recht wenig weiß und deren Bestände man früher für unerschöpflich hielt.
Angesichts der schier nicht enden wollenden Menge von Aalen, die man noch Mitte des 20. Jahrhunderts in den Seen, Flüssen und Küstengewässern fing, waren auch die Fangmethoden nicht gerade zimperlich oder waidgerecht. Aale wurden mit Gabeln aufgespießt, an über Nacht ausgelegten Langleinen (Aalschnüren) oft zu hunderten gefangen oder bereits als Jungfische mit Hebenetzen „geerntet“. Auch sportfischereilich kursierten die kuriosesten Empfehlungen zum nächtlichen Fang der Fische. Wer seine Würmer mit Erbsenmehl panierte war im 19. Jahrhundert auf der Höhe der Zeit. Wenn es ihm dann nicht gelang, seine Beute sicher nach Hause zu tragen, so hatte er es versäumt, im Schrifttum des Barons von Ehrenkreutz zu blättern dort hieß es: „Er ist sehr schlüpfrig, so daß man ihn mit bloßen Händen nicht halten kann. Will man ihn festhalten, dann muss man die erst etwas naßgemachten Hände in trockenem Sand oder Asche wälzen. Wann man ihn mit einem seidenen Schnupftuch anfaßt, ist er gleich ruhig; ebenso wenn man Eisen auf ihn legt.“ Und der Baron greift weiter tief in die Kiste des Anglerlatein: „Er besitzt so viel Kraft, daß wenn er sich um jemandes Arm oder Fuß schlingt, er ihn leicht zerbrechen kann.“ Wurde man seiner schließlich habhaft, so landete er nicht nur in Töpfen, Pfannen und Räucheröfen, sondern auch in den Mörsern von Apothekern und Quaksalbern, die ihn zu mehr oder minder wirksamen Arzneimitteln verarbeiteten. Aalfett galt als Wundermittel gegen Schwerhörigkeit, Hämorrhoiden, Frauenleiden und Haarausfall.
Heute müssen Aale nicht mehr als Arzneien dienen. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, nach Heilmitteln zu ihrer Rettung zu suchen. Ob wir Angler uns und ihnen mit einer völligen Aalabstinenz dabei einen Gefallen tun, sollte reiflich überlegt werden. Denn wer nicht auf Aale angelt, den interessieren sie irgendwann auch nicht mehr.
Das Bild zu diesem Beitrag stammt aus einem Lehrbuch des späten 18. Jahrhunderts und zeigt einen Aal vor und nach der Sezierung.