Schmal und fischreich. Der Unterlauf der Lippe

Das Flüsschen am rechten Niederrhein verdient mit Fug und Recht das Prädikat artenreich. Wir riskiert keine allzu große Lippe, wenn er das abwechslungsreiche Gewässer in höchsten Tönen loben.

Woher der 220 Kilometer lange Nebenfluss des Rheins seinen merkwürdigen Namen haben könnte, verrät ein Blick auf alte Landkarten, wo sein Lauf in Form eines Schmollmundes eingezeichnet ist. Tatsächlich wurzelt der Name der über weite Strecken kaum begradigten Lippe im lateinischen Begriff Lupus, was Wolf bedeutet. Ist die recht schmale Lippe auf ihrer ganzen Strecke schon ein außergewöhnlicher Fluss, so findet man auf ihren letzten Stromkilometern zwischen dem Dörfchen Krudenburg bei Hünxe und der legendären Gaststätte Lippeschlößchen vor den Toren Wesels ein äußerst artenreiches Revier. Hier tummeln sich nämlich nicht nur die klassischen Niederrheinfische, wie Rotaugen, Brassen, Barsche, Zander, Hechte und Döbel, sondern auch stattliche Waller und vor allem Barben. Auf letztere haben es sowohl Fliegenfischer als auch Ansitzangler ganz besonders abgesehen, denn die wehrhaften Fische wachsen zu Brocken jenseits der Zehnpfundmarke heran und bieten einen exzellenten Sport. In den etwas flacheren Abschnitten hinter Krudenburg lohnt es sich, den Barben mit Nymphen (Goldkopf geht fast immer) an einer 7er Ausrüstung nachzustellen.

Das Fliegenfischen an der Lippe ist allerdings keine leichte Übung, denn nicht überall kommt man problemlos ins Wasser, sodass man nur an ausgesuchten Stellen in die Wathose steigen kann. Wer den Rollwurf beherrscht ist angesichts des oft dichten Uferbewuchses klar im Vorteil. Wesentlich einfacher ist das Barbenangeln mit der Feederrute. Top-Köder sind hier Würfel aus altem Holländer Käse, die eine Nacht in Milch gebadet haben. Bei normalen Wasserstand (Rheinpegel Wesel 3,5 Meter) kommt man mit Futterkörbchen von 50 bis 80 Gramm wunderbar zurecht. Steigt der Pegel jedoch um mehr als 50 Zentimeter, so sind Heavy-Feedermontagen gefragt.

Neben diesen für den Niederrhein neuen Exoten, ist auch der Raubfischbestand nicht zu verachten. Spinnfischer finden entlang des Flusses ein sehr abwechslungsreiches Revier, das von flott fließenden Rauschen über tiefe Kolke bis zu verheißungsvollen Innen- und Außenkurven jede Menge zu bieten hat. Ausgeklügelte Spezialköder muss allerdings niemand in der Box haben. Klassiker wie der Mepps Black Fury, kleine Kugelwobbler oder Doppelschwanztwister versetzen Barsche und Döbel in Rage. Sollen es Zander und Hechte sein, so bringen schlanke, mit der Strömung geführte, Wobbler (z.B. Rapala Jointed) oft die erwünschten Bisse.

War der heute unter Naturschutz stehende letzte Kilometer der Lippe früher ein Eldorado für Spinnfischer, die vor allem Zandern dort mit Gummifischen und Twistern auf die Schuppen rückten, so müssen Angler heute an der B-8-Brücke vor dem Lippeschlößchen einen Spinnstopp einlegen, denn die Mündung darf nicht mehr befischt werden. Trotz dieses kleinen Wermutstropfens ist der Unterlauf der Lippe noch immer eine hochinteressante Wundertüte für alle Allroundangler, die sich gern überraschen lassen und sich nicht auf eine Zielfischart versteifen. Mal können Feederangler sich über die Bisse von großen Barben freuen, ein anderes Mal dann über den Fang einer Karausche staunen, von der niemand weiß, ob sie aus dem Rhein oder aus dem Oberlauf der Lippe zugewandert ist.

Ebenso abwechslungsreich ist die Strecke für Nachtangler. Zwar ist der europaweit feststellbare Rückgang der Aalbestände auch hier deutlich zu spüren, doch darf man sich nach Sonnenuntergang heute über die Fänge von Wallern sowie wehrhaften Döbeln und Barben freuen.

INFOS

Empfehlung fürs erste Mal: Lippe-Neulinge erkunden das Flüsschen am besten mit der Fliegenrute (Klasse 7). Mit einer Goldkopfnymphe ist es meist nicht schwer, die ersten Döbel und Barben zu überzeugen. Wer es lieber gemütlich mag, lässt sich mit der Feederute am Ufer nieder und fängt ebenso gut.

Größe und Struktur: Mit einer Breite von durchschnittlich 30 Metern und einer Tiefe von ein bis zwei Metern ist die Lippe auf der hier vorgestellten 13 Kilometer langen Strecke eher ein breiter Bach als ein „echter“ Fluss, bietet mit Rauschen, Gumpen und verführerischen Windungen aber alles, was man sich wünschen kann.

Mindestmaße in cm/Schonzeiten: Es gelten die für NRW gesetzlichen Schonzeiten und Mindestmaße: Barbe 35/15.05.–15.06., Hecht 45/15.02.–30.04., Aal 50/-.

Angelkarten: Es werden nur Jahreskarten zum Preis von 25 Euro ausgegeben. Die Scheine gibt es bei CTN Wesel (Am Spaltmannsfeld 6, 46485 Wesel, Tel. 0281/83535).

Bestimmungen: Es darf mit zwei Ruten gefischt werden. Die auf dem „Beipackzettel“ des Jahresscheins eingezeichneten Naturschutzgebiete dürfen nicht betreten und befischt werden. Bootsangeln ist nicht gestattet.

Besonderheiten: Die hier vorgestellte Strecke ähnelt an ihrem Beginn in Krudenburg mit flotter Strömung und Rauschen eher einem Forellenbach und hat an ihrem Ende in Höhe der B8 mit Gumpen und trägerer Strömung den Charakter eines Zandergewässers.

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