|

Der vollkommene Angler. Izaak Walton

In England kennt ihn jedes Schulkind, in Deutschland ist Izaak Walton hingegen fast unbekannt, dabei gilt er als der Vater des Angelns und hinterließ ein Stück Weltliteratur.

Bücher erleben oft Schicksale, die ihre Autoren nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erhoffen können. Als der Engländer Izaak Walton (1593-1683) im Jahre 1653 die Erstausgabe seines Buches The Compleat Angler; or, the Contemplative Man’s Recreation (Der Vollkommene Angler oder eines nachdenklichen Mannes Erholung) in Händen hielt, war er bereits 60 Jahre alt und hätte es wohl nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet sein Angelbuch zu einem der Klassiker der englischen Literatur avancieren würde, zu seinen Lebzeiten fünf weitere Auflagen erleben würde, nach der Bibel und den Werken seines Zeitgenossen William Shakespeares zu den meistgedruckten Büchern in englischer Sprache zählen und bis heute weit über 500 Auflagen und Übersetzungen in viele Sprachen erleben würde.

Petri-Mai-Buch

Das über weite Strecken in Versen bzw. Gesängen verfasste Werk ist für moderne Petrijünger nicht gerade leicht zu lesen, denn es handelt sich beim Vollkommenen Angler keineswegs um ein reines Angelbuch mit Tricks und Kniffen (wie das von Robert Venables), sondern um eine religiös-besinnliche Erbauungsschrift, wie sie im 17. Jahrhundert dem gängigen literarischen Geschmack entsprach. Das Buch stellt die Vorzüge des Angelns in Form von Gesprächen zwischen drei Freunden, dem Angler Piscator, dem Vogelfänger Auceps sowie dem Jäger Venator dar. Es versteht sich von selbst, dass Piscator die schönste, erbaulichste und auch gottgefälligste der drei Passionen gewählt hat. Das Naturfreundetrio trifft sich am 1.Mai, um gemeinsam am River Lea (einem Nebenfluss der Themse) auf diverse Fischarten zu angeln, wobei der Experte die beiden Anfänger in die Geheimnisse des damaligen Zielfischangelns einweiht.

Wie wurde geangelt?

Trotz seines Charakters als Moralbüchlein, lassen sich aus den Schilderungen des insgesamt fünf Tage andauernden Angelausfluges interessante Rückschlüsse auf die Angelmethoden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ziehen, wie z. B. diesen Hinweis auf das Aufstecken eines Wurms: „Wenn du mit einem Tauwurm angelst, so stoße den Haken zunächst ein wenig über einer Mitte ein und führe ihn etwas unter der Mitte wieder heraus, drehe den Wurm sodann über den Schenkel des Hakens, beachte aber, dass das Öhr des Hakens dabei nicht den Kopf des Wurmes berührt, sondern das Schwanzende oben am Haken sein soll, denn die Hakenspitze soll aus dem Kopf des Wurmes ragen.“

Auch über die Lebensgewohnheiten der unterschiedlichen Fischarten war Walton sehr gut informiert: „Über die Schleie ist bekannt, dass sie Teiche weitaus mehr schätzt als Flüsse und das Tiefe Wasser am liebsten hat. Zwar gibt es einen Fluss in Dorsetshire, der voller Schleien ist, doch ziehen sie sich in ihm allein an die tiefen Stellen zurück.“

Frühes Anglerlatein

Walton wäre kein hundertprozentiger Angler gewesen, fände sich in seinem Buch nicht auch eine gehörige Portion Anglerlatein. So berichtete er beispielsweise über einen See, in dem seine Sportsfreunde fast ausschließlich blinde Hechte auf die Schuppen legten. Der Grund für die Blendung der Raubfische läge im aggressiven Wesen der Frösche, die, so hatte er es selbst beobachten können, den Hechten auf den Kopf sprangen sie niederrangen und ihnen sodann die Augen aus den Höhlen drückten.

Es sind  vor allem die zeitlosen Weisheiten, die sein Werk bis heute unsterblich machen; kleine Beobachtungen und Wahrheiten, die auch gut 300 Jahre nach seinem Tode von vielen Anglern bestätigt werden können, wie beispielsweise folgende: „Wenn alle Angeltheorien stimmen würden, so wäre in unseren Seen, Flüssen und Bächen kein Fisch mehr übrig.“ Ob seine Angelleidenschaft und Gelassenheit etwas damit zu tun hatte, dass er 1683 im für damals biblischen Alter von 90 Jahren in die ewigen Fischgründe einging, bleibt freilich reine Spekulation.

Zum Beitragsbild: In England ist Izaak Walton eine Ikone und zierte lange die Frontseite der Fishing Gazette vom 08. Januar 1910.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar