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Kuriose Köder von anno dazumal

Sucht man in alten Büchern nach „vergessenen“ Angelködern, so stößt man zuweilen auf recht kuriose und den modernen Leser erheiternde Rezepte, die bei genauerer Betrachtung gar nicht mehr so absonderlich erscheinen.

Eines der ältesten deutschen Bücher zum Thema Angelköder ist die 1611 erschienene Magia Naturalis aus der Feder von Wolfgang Hildebrand. Er geht in seinem Werk, dessen Titel ins Deutsche übersetzt Wunder der Natur bedeutet, auf Mixturen ein, die uns heute befremdlich erscheinen, aber vielleicht den einen oder anderen Versuch wert wären, wie z. B. das Wurm-Tuning für Forellen: „Nimm Blut von einem Rinde, lege Regenwürmer über Nacht darein, danach beißt die Fohre [Forelle] gern.“

Unappetitliche Herstellung

Man muss aber nicht auf das Schrifttum magisch angehauchter Autoren des beginnenden 17. Jahrhunderts zurückgreifen, um in der Literatur auf Köder zu stoßen, bei deren Herstellung sich die Stirn moderner Angler in Falten legt. Im Mutterland des Sportfischens empfahl der Engländer Richard Brooks in seinem ansonsten sehr sachlichen Buch The Art of Angling (Die Kunst des Angelns) aus dem Jahre 1740 folgende Mischung zum Anfüttern diverser Fischarten:

Nimm das Blut eines Ochsen, einer Ziege und eines Schafes, mische dieses mit dem Dung derselben Kreaturen und füge dann Thymian, Oregano, Polei-Minze, Bohnenkräuter, Holunder, Knoblauch, Reste von süßen Weinblättern hinzu und mische alles zusammen. Sodann packe es in Lumpen und werfe es dort aus, wo du eine Stunde später angeln möchtest.“

Ob diese Lumpenpackung die gewünschte Wirkung erzielte, dürfte angesichts der sehr hohen Gewürzpreise in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts für die meisten zeitgenössischen Angler jedoch nicht zu klären gewesen sein.

Und auch für die inzwischen in Deutschland verbotenen gefärbten Maden findet man in alten Büchern nicht gerade appetitliche Ersatztipps. Folgt man einem Tipp von St. M. Henning aus seinem 1838 erschienenen Buch Geheim gehaltene Fischkünste, so kann man die nötigen Würmchen zum Fang von Forellen wie folgt züchten:

„Man nehme ein Huhn, schneide es am Bauche auf, und schütte 3 Eidotter und etwas gestoßenen Safran, ohne die Eingeweide heraus zu nehmen, hinein, nähe das Huhn wieder zu, vergrabe es in Pferdemist, der recht brennt und laß es 4 Wochen darin liegen. Nach Verlauf dieser Zeit wird man gelbe Maden oder Würmchen darin finden, und diese Maden sind der Köder, mit dem man fischt.

Eine ähnliche Empfehlung konnte man schon gut 200 Jahre früher in der Magia Naturalis finden. Allerdings sollten es nach Hildebrands Expertise unbedingt schwarze Hühner sein, die man zuvor von außen und innen mit Honig zu bestreichen hatte, bevor man sie einen Monat lang in Pferdemist vergraben sollte. Anders als die gelben Maden wären es nach seinem Rezept dann „grüne Würmlein“, die ein ganzes Jahr haltbar blieben.

Frühes Zielfischangeln

Henning empfiehlt für jede Fischart individuelle und teils nur saisonal verwendbare Köder, die dem Angler mitunter eine Menge vorbereitender Hausarbeit abverlangten. Einer seine Karpfenköder sollte wie folgt zubereitet werden: „Man nehme Pfeffer-, Honig oder Lebkuchen, schneide ihn in kleine Würfel, und lege ihn in Brandtwein, worin zuvor etwas Honig und Kampfer aufgelöst ist, und ködere jedesmal ein solches Stückchen Kuchen an den Haken.

Und auch sein Spezialköder für Forellen mutet seltsam an und erinnert ein wenig an die Herstellung von Boilies:„Man nehme Kügelchen aus Mehl, Reiherfett, Kampfer, faulem Weidenholz und Honig. Das Holz wird kleingerieben, unter das Mehl gemengt und der Honig mit dem Kampfer und Reiherfett darunter gemischt, alles tüchtig untereinander geknetet, und dann Kügelchen wie Erbsen daraus gemacht; werden sie frisch verbraucht, so brauchen sie mit keinem Löchelchen versehen zu sein, werden sie aber gedörrt, so müssen sie ein solches haben.“

Trotz der historischen Distanz hat sich an einer Erkenntnis Hennings bis heute nichts geändert: „Der Eine wählt diese, der Andere wählt jene Lockspeise, und jeder, wenn er seine bestimmte hat, hält seine für die beste“.

Das Beitragsbild stammt aus Conrad Gesners Fischbuch. Mitte der 1550er Jahre waren die Fischdarstellungen ähnlich fantasievoll wie die Köderempfehlungen.

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