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Transatlantische Freundschaft. Woher die Regenbogenforellen zu uns kamen

Regenbogenforellen sind aus Seen und Räucheröfen nicht mehr wegzudenken. Dass sie erst seit knapp 150 Jahren bei uns schwimmen, haben nur noch wenige Angler auf dem Schirm.

Invasive Fischarten, wie Grundeln, Wolgazander und Zwergwelse, machen vielen Anglern zu schaffen. Was uns heute zunehmend auf die Nerven geht, geschah Ende des 19. Jahrhunderts aber gezielt. Damals wünschte man sich die Verbreitung vormals nicht heimischer Süßwasserfischarten in deutschen und österreichischen Gewässern. 1882 erklärte das Präsidium des Deutschen Fischereivereins in einer Pressemitteilung: „Das Vorsicht hierbei geboten sei, war ja von vornherein klar. Die Mehrzahl unserer Kulturpflanzen und Hausthiere ist bei uns oder oder unseren Vorfahren eingeführt worden. Unser jetziges verbessertes Pferd soll aus den Kirgisen-Steppen und Weideländern von Central-Asien stammen, das Haushuhn speziell aus Indien und der Truthahn war unlängst aus Amerika eingeführt. Und da sollte von vornherein die Fischwelt von einer künstlichen Verbreitung ausgeschlossen sein, jetzt, wo wir lernten weit über die Erde hin unversehrt das zarte Ei zu transportieren?“ Die Ursachen dieser Begeisterung gründeten in der kurz zuvor in den USA entwickelten Methode zur künstlichen Befruchtung von Fischeiern. 1871 hatte die erste Forellenzucht am Ufer des San Leandro Creek, eines in die Bucht von San Francisco mündenden Flusses, Steelheads sowie einige lokale Unterarten der Regenbogenforellen erfolgreich reproduziert, sodass Eier und Jungfische mit der Eisenbahn bis an die Ostküste transportiert werden konnten, wo sie die dortigen Fließgewässer als neue Arten bereicherten. Dieser Erfolg weckte auch in Europa Begehrlichkeiten. Bereits Mitte der 1870er Jahre trafen bei den amerikanischen Fischwirten Anfragen aus Deutschland ein. Hauptinitiator der Forellenwünsche war der deutsche Angelpapst und Fischfachmann Max von dem Borne, der im westpreußischen Berneuchen ein weitflächiges Gut mit Seen, Teichen, Bächen und sogar einigen Kilometern Flusslauf unterhielt. Dort hatte er auch eine Forschungsanstalt für Fischzucht eingerichtet und unternahm zahlreiche Versuche zur Vermehrung von außereuropäischen Speise-, Aquarien- und Sportfischen.

Der anglerische Wert der pazifischen Regenbogenforelle war für Max von dem Bornes Bestrebungen aber nicht hauptursächlich. Zwar war er als begeisterter Fliegenfischer auch daran interessiert, seine privaten Fließgewässer mit diesen wehrhaften Fischen zu besetzen, doch stand für ihn eher die Schnellwüchsigkeit sowie die im Vergleich zur heimischen Bachforelle wesentlich geringeren Ansprüche an Wasserqualität und Wassertemperatur der „neuen Forellen“ im Zentrum seiner Ansiedlungsabsichten. Regenbogenforellen sollten die Heringe des Süßwassers werden und die deutsche Bevölkerung mit gesunden und billig zu produzierenden Lebensmitteln versorgen. Genau diese volkswirtschaftlichen Vorstellung hatten auch seine US-amerikanischen Kollegen, als sie damit begannen, pazifische Forellenarten auf dem gesamten Gebiet der USA heimisch zu machen.

Transport nach Europa

Nicht nur die fischereiwirtschaftlichen Fortschritte der 1870er Jahre spielten Max von dem Borne und seinen deutschen Mitstreitern in die Hände; auch die damals hochmodernen Dampfschiffe kamen seinen Bestrebungen wie gerufen. Auf der Atlantikroute verkehrten sie nach einem ziemlich genauen Fahrplan, sodass man alles für die Überfahrt Nötige exakt planen und umsetzen konnte. In den hellen Laderäumen standen geeignete Transportgefäße mit regelmäßig erneuertem Süßwasser bereit und geschultes Personal kümmerte sich um die Pflege und Versorgung der Fische bzw. der befruchteten Eier. Trotz dieser recht fortschrittlichen Transportmöglichkeiten musste aber noch immer eine gewisse, wenn auch geringe, Verlustrate einkalkuliert werden.

In Europa angekommen erwies sich der letzte Stück der Reise dann als das eigentliche Problem, denn auf der Etappe von der Nordseeküste in die zwei süddeutschen Fischzuchtanstalten Starnberg und Freiburg, zeigte die Eisenbahngesellschaft kein gesteigertes Interesse am komplizierten Transport lebender Fische und wälzte jedes Risiko auf ihre Kunden ab. In einer zeitgenössischen Verordnung der Eisenbahnen Deutschlands stand zu lesen, dass der Transport von Fischbrut nur unter der Aufsicht einer vom Versender zu bestellenden und zu bezahlenden Begleitperson erfolgen durfte. Diese hatte dafür zu sorgen, dass: „das Wasser in den Transportgefäßen von Zeit zu Zeit erneuert und evtl. mit Eis gekühlt wird, es sich sich nicht über 15 Grad erwärmt und die zu verschickende Fischbrut beim Übergang von einem Zug auf einen anderen nicht vergessen wird, stehen bleibt und infolge von Sauerstoffmangel in den Gefäßen erstickt.“

Trotz dieser Schwierigkeiten konnten sich die Erfolge sehen lassen. Aus den jeweils 360 dort angekommenen Forelleneiern schlüpften in Freiburg 60 Jungfische und in Starnberg 140. Allerdings klappte es nicht mit allen pazifischen Forellenarten so gut, wie mit den Regenbogenforellen. Die Ende des 19. Jahrhunderts angestellten Versuche, die an der US-Westküste so beliebten Cutthroat-Forellen in Deutschland heimisch zu machen, scheiterten völlig.

Regenbogen- gegen Bauchforellen

US-amerikanische Angler und Feinschmecker gingen bei dieser Migration keineswegs leer aus. Im Gegenzug zu den pazifischen Regenbogenforellen überquerten deutsche Bachforellen den Atlantik und schwammen ab den 1880er Jahren in den Bächen und Flüssen der amerikanischen Ostküste, wo sie sich gut vermehrten und rasch bis nach Kanada ausbreiteten. Mit den dem Erfolg ihrer pazifischen Verwandten konnten die aus Deutschland stammenden Rotgetupften aber nicht konkurrieren. Zwar bevölkern auch sie heute als wilde Fische die Bäche allen Kontinenten, doch haben Regenbogenforellen nicht nur den Globus erobert, sondern ihren Siegeszug als leicht zu reproduzierende Sport- Speisefische sowohl in den schnell fließenden Bächen Argentiniens und Neuseelands wie auch in den entlegensten Forellenteichen der Norddeutschen Tiefebene fortgesetzt.

Das Beitragsbild zeigt eine Regenbogenforelle ohne Regenbogen, was sehr häufig bei diesen Fischen vorkommt.

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