Kanada im Ruhrgebiet. Der Angelpark zur Grafenmühle

Hölzerne Hausboote, Forellen der Zehn-Kilomarke und Störfilets zum Mittagessen? Nein, unseren Ruhrpottautor Markus Bötefür hat es nicht nach British Columbia verschlagen, sondern er hat sich am Stadtrand von Bottrop umgesehen.

Wer unter Angelparks quadratische Betonbecken versteht, der hat in den vergangenen 20 Jahren nicht viel mitbekommen, denn längst sind aus den früher als Forellenpuffs verspotteten Teichen echte Seen mit Großfischbesatz geworden, an denen Profis mit entsprechender Ausrüstung ihr ganzen Können aufbieten müssen und fantasielose Würmchenbader als Schneider dastehen. Der Angelpark Grafenmühle vor den Toren der Ruhrgebietsstadt Bottrop ist eine solche Anlage. Bereits bei meinem ersten Besuch im vergangen Winter forderte mir der 2,5 Hektar große See allerhand ab, denn als eingefleischter Spinnfischer hätte ich dort mit meinen handgefertigten Miniwobblern auf ziemlich verlorenem Posten gestanden. Zum Glück hatte ich damals meinen 25 Jahre jüngeren Angelkumpel Mike dabei, der sich an den Forellenseen des Ruhrpotts bestens zurecht findet und mit dessen Hilfe und Gerät es mir gelang, dem eiskalten Wasser auf Bienenmaden und Schleppteig die ein oder andere Forelle zu entlocken.

Gregor von Big Fish Media kennt sich an der Mühle nicht nur gut aus, sondern gibt auch gern Tipps.

Launische Forellen

Damals ließen sich die Fische nicht lange bitten, doch heute, mitten im Hochsommer, muss auch mein Experte etwas tiefer in die Trickkiste greifen, um die Störe, Waller, Karpfen und Aale zu überzeugen. „Forellen sind trotz gutem Besatz im Sommer Ringeltauben“, erklärt Mike und startet erst gar keinen Versuch, eine der begehrten Salmoniden überzeugen zu wollen. Und tatsächlich fällt die Zeit der der Großforellen in die Monate mit „R“ „Im Sommer werden hier vornehmlich Welse und Küchenstöre“ gefangen, erzählt mir Gregor Bradler von Big Fish Media und meint damit solche Exemplare, die ein Mann allein zum Auto tragen kann. Der bekannte Youtuber und Angelseeexperte kennt die Grafenmühle wie seine Westentasche und ist oft an den Ufern des bis zu sechs Meter tiefen Baggersees anzutreffen. Als erfahrener Profi steht er anderen Petrijüngern gern mit Rat und Tat zur Seite und auch bei meinem Besuch schafft er es trotz sommerlicher Hitze das ein oder andere Fangerlebnis herbeizuführen.

Zielfisch, Montage und Topköder auf einen Blick. Matjes oder Lachs in Grundnähe angeboten lassen Störe selten kalt.

Ruhrpott-Störe

An diesem Juliabend angeln außer uns noch eine handvoll Petrijünger vom Ufer aus. Etwa 20 andere sitzen auf den Veranden der Hausboote. Sie haben eine Nacht- oder 24-Stundenkarten gekauft und warten auf den Einbruch der Dämmerung. Die meisten fischen mit Grundmontagen und haben ihre Haken mit Räucherlachs, Matjesfilets oder Tauwürmern beködert. Und tatsächlich geben die Bottroper Fische mit der untergehenden Sonne ihre Beißunlust auf, denn wir hören den ein oder anderen elektrischen Bissanzeiger surren.

Trapperromantik

Die gemütlichen Hausboote bieten Platz für vier Angler und sind sogar mit Betten ausgestattet, sodass man sich nach einem harten Drill aufs Ohr legen kann, um frische Kräfte für den nächsten Fight zu tanken. Schon lange bevor die jetzigen Betreiber die Anlage im Stile einer kanadischen Fishing Loge aufmöbelten und den See mit dicken Brocken besetzten, zählte die Grafenmühle zu den beliebtesten kommerziellen Angelgewässern des Ruhrgebiets und kam früher mit der Zusatzbezeichnung Forellenteich aus. Viele Ruhrgebietsangler verbinden mit dem alten See schöne Kindheitserinnerungen und so mancher fing hier den ersten Fisch seiner langen Anglerkarriere. Auch ich kenne das Gewässer noch aus den 70er und frühen 80er Jahren, als ich dort Würmer, Maden und Lachseier (einst der ultimative Geheimtipp) badete. Damals war der See mit Portionsforellen besetzt und man geriet über den Fang einer 750 Gramm schweren Salmonide ins Schwärmen. Dies alles hat sich von Grund auf geändert. Bei unserem Ansitz staune ich nicht nur über über die vollzogene Verwandlung eines Forellenteichs in einen Angelpark, sondern auch über die Fotos auf den Smartphone-Displays einiger Stammgäste. Dort sind Brocken zu sehen, wie man sie früher allein in englischen Fishing Parks an den Haken bekam.

Rundum sorglos

Der große Fang sollte Mike und mir in dieser Julinacht zwar nicht vergönnt sein, doch immerhin vergriffen sich während unserer Spätschicht drei der von Gregor sogenannten Küchenstöre an unseren Ködern, von denen zwei auf Räucherlachs und einer auf Tauwurm biss.

Als wir wir unsere Beute im Schlachthaus der Anlage säubern, fällt mir ein blitzeblanker Duschraum auf. Vom Angeln heim kommen, ohne nach Fisch zu miefen. Ist dies für den Ruhrpott nicht ein bisschen zu dick aufgetragen? Ich habe keine Ahnung und mache mich ungeduscht auf den Heimweg nach Oberhausen. Für Angler, die Luxus, Service, das Ambiente einer Lodge sowie Put-and-Take-Atmosphäre lieben, ist ein solches Rund-um-Sorglos-Paket bestimmt das Nonplusultra. Wessen Fall dies alles nicht ist, der mag bestimmt auch keinen anderen Angelpark.

KURZ UND KNAPP

Der moderne und luxuriöse Angelpark hat alles, was Forellenseeangler lieben. Er ist jedoch nicht ganz leicht zu befischen und gewiss kein Gewässer für völlig unbeleckte Neulinge, denn an den Hütten und Angelstellen fischen viele gut ausgerüsteter Profis, die ihren Sport verstehen und mitangelnde Einsteiger rasch blass aussehen lassen.

INFORMATIONEN

Gewässer-Check

Der alte Baggersee ist 2,5 Hektar groß und im durchschnitt drei Meter tief. An den hindernisfreien Ufern finden knapp 50 Angler Platz.

BESATZ:

Regenbogenforellen, Störe, Hechte, Welse, Karpfen sowie saisonaler Besatz mit weiteren Fischarten (z. B: Saiblinge).

ERLAUBNISSCHEINE:

Tageskarte (06 bis 18 Uhr) 29 Euro, Nachtkarte (18 bis 08Uhr) 40 Euro, Mittagskarte (12 bis 18 Uhr) 30 Euro, Feierabendkarte (15 bis 21 Uhr) 20 Euro, 24-Stundenkarte (06 bis 06 Uhr), 70 Euro, Kinder bis 13 Jahre dürfen mit einer Rute fischen und zahlen für 24 Stunden 30 Euro. (Stand Februar 2025)

AUSGABESTELLEN:

Angelparadies zur Grafenmühle, Alter Postweg 123, 46244 Bottrop, Tel. 02045/4707  Website.

BESTIMMUNGEN:

Fischereischeinpflicht, Fliegenfischen und Spinnangeln (Einzelhaken) gestattet. Es darf mit zwei Ruten gefischt werden. Wer eine dritte Rute einsetzen möchte, muss 50% des jeweiligen Kartenpreises zusätzlich zahlen. Anfüttern sowie Ausnehmen der Fische am Gewässer ist nicht gestattet. Das Mitführen und Verwenden eines Unterfangkeschers ist Pflicht.

WEITERE INFOS:

Der Angelpark ist ganzjährig geöffnet. Am Gewässer befindet sich eine Gastronomie mit leckerer warmer und kalter Küche (inklusive Frühstück), kleiner Angelladen sowie Köderverkauf. Ein Schlachtraum zum Säubern der Beute kann rund um die Uhr genutzt werden.

Wer länger bleiben möchte kann eines der Hausboote mieten und von der dortigen Veranda aus fischen.

Bilder: Sämtliche Fotos stammen von Gregor Bradler Big Fish Media

 

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