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Feindbild Hecht

Ob man Hechte in die Pfanne haut oder nach der „Catch & Release-Methode“ verfährt, ist eine Frage, an der sich heute die Geister scheiden. Für unsere Urgroßväter war die Angelwelt weniger kompliziert, denn früher zählten Hechte zu den „Hyänen der Gewässer“.

Geht es um den Lieblingsfisch fast jeder Anglergeneration, fördert die Lektüre alter Angelbücher so manche Kuriosität zutage, von der man meinen könnte, dass sie schon von den Lesern frührer Zeiten nicht ganz ernst genommen werden konnte. Trotzdem erlebten die Schmöker viele Auflagen, wie z. B. der heute noch gedruckte Klassiker Die Angelfischerei aus der Feder Max von dem Bornes. In der erster Auflage von 1877 stellte der Autor den Hecht so vor: „Seine Kraft und Gewandtheit, seine grenzenlose Brutalität stempeln den Hecht zu einem erstklassigen Sportfisch.“ Dass dieses Urteil unter den damaligen Angelpäpsten unumstößlich war, dokumentiert ein Blick in den 30 Jahre später erstmals gedruckten Klassiker Der Angelsport im Süßwasser (1903) des Blinkerbauer Karl Heintz, der den Hecht „die Hyäne und den Schakal unserer Gewässer“ nannte.

Mit Hundeleber und Schießgewehr

Angesichts dieser Gefräßigkeit empfahl man Köder, von denen manche heute Erstaunen hervorrufen und die vermutlich auch früher nur wenige Hechte zum Anbiss verleiten konnten. Baron von Ehrenkreutz listete 1852 die seinerzeit besten Hechtköder wie folgt auf: „Man fängt ihn hauptsächlich mit Setz-, Roll-, Pfahl-, Hoch-, Lauf- und Schmeißangeln, und ködert daran kleine lebendige Rotaugen, Springmönchen (Weißflosser), Gründlinge und andere; dann Frösche, besonders goldgelbe, und im Juli Laubfrösche; auch geht er gern an sehr stark riechende Hunde- und in Ermangelung auch andere Leber.“ Wollten die Hechte sich partout nicht mit Köderfischen, Fröschen oder Hundeleber an den Haken locken lassen, so empfahl der Baron sie mit dem Speer oder Schießgewehr im flachen Wasser zu erlegen. Dies erforderte jedoch einige Übung und ein zielsicheres Auge, denn, so betont er: „Hat man ihm die [Schwimm]Blase eingeschossen, so geht er schnell unter und ist oft für den Fischer verloren.“

Sportliches Wettfischen

Warum man den Lesern solche Bären aufband, ist fraglich. Fest steht aber, dass die deutschen Angelpäpste besser informiert gewesen sein konnten. Ein Blick in das eine oder andere englische Angelbuch beweist nämlich, dass britische Angler schon 100 Jahre vor ihren deutschen Kollegen sehr gut über die Lebensweise von Hechten Bescheid wussten und sie keineswegs als Hyänen des Süßwassers betrachteten. Vielmehr sahen die Engländer im Hechtfang eine sportliche Herausforderung. Richard Brookes war 1781 der Auffassung, dass man besonders im deutschsprachigen Raum zu viele Schauermärchen über den Hecht verbreiten würde und kritisiert in seinem Buch The Art of Angling (Die Angelkunst): „Es gibt verschiedene Geschichten von Gesner [Schweizer Naturforscher des 16. Jahrhunderts] und anderen Gelehrten über seine Gefräßigkeit, doch steht allein fest, dass er auch seine Artgenossen nicht verschont.“ Ganz im Stile eines englischen Sportsmannes kritisierte Brookes die deutschen Fangmethoden als die von „nicht ganz fairen Anglern“. Ehrenfeld hingegen wusste über die spleenigen Briten zu berichten, dass sie statt Schwimmern aufgepustete Hammelblasen verwendeten: „Die Engländer geben den Blasen verschiedene Farben und machen Wetten, daß sich ein Hecht eher an dieser als jener farbigen Blase fange.“

Das Beitragsbild stammt aus der Zeit um 1900. Damals  glichen gemalte Hechte oft Krokodilen – Schuld daran trugen die Schauermärchen.

 

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